Ghosting im Recruiting-Prozess: Ein Trend, der Kliniken und Praxen zum Umdenken zwingt

Die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert, was sich vor allem an dem Machtwechsel zwischen Arbeitgebern und Bewerbern beobachten lässt. Laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung liegt das Durchschnittsalter der Ärzte in Deutschland im Jahr 2023 bei 54 Jahren, wobei insbesondere in der hausärztlichen Versorgung der Anteil, der über 60-Jährigen mit 37 % besonders hoch ist. Angesichts dessen gewinnen Ärzte und medizinisches Personal heutzutage verstärkt an Verhandlungsmacht. Medizinische Einrichtungen, die den neuen Erwartungen der Ärzte und Ärztinnen nicht gerecht werden oder in ihren Rekrutierungsprozessen zu langsam agieren, sehen sich zunehmend mit dem Phänomen „Ghosting“ konfrontiert.

Der Begriff „Ghosting“ ist längst nicht mehr ein Phänomen der Dating-Welt, sondern hat sich inzwischen auch fest in der Geschäftswelt etabliert. Für medizinische Einrichtungen und Unternehmen aller Größen und Branchen stellt Ghosting, das plötzliche Abbrechen der Kommunikation durch Bewerber, eine zunehmende Herausforderung dar. Verschiedene Medien, wie der amerikanische „Wall Street Journal“, der deutsche „Spiegel“ und viele weitere, beschreiben Ghosting als ein branchenübergreifendes und internationales Dilemma, das auch im Medizin-Sektor zu finden ist.

Bei EMC Adam stehen wir täglich im Zentrum vieler Probleme der Personalvermittlung und so auch immer öfter vor dem Problem des Ghostings. Mit unserer Branchenexpertise teilen wir wertvolle Einblicke und Strategien, um diesen Herausforderungen zu begegnen.

Der Artikel untersucht die vielschichtigen Facetten von Ghosting im medizinischen Umfeld und dessen Rolle in einer Zeit, in der die menschliche Komponente in der digitalen Kommunikation zunehmend an Bedeutung verliert.

 

Auswirkungen und Beobachtungen von Ghosting in medizinischen Einrichtungen

Es ist klar, dass die Auswirkungen von Ghosting weitreichend sind: von verschwendeten Ressourcen bis hin zu erhöhtem administrativen Aufwand, was insbesondere im medizinischen Sektor kritische Verzögerungen nach sich ziehen kann. Hier einige Beispiele:

Das Bewusstsein um das Phänomen Ghosting im Recruiting hat sich in den letzten 5 Jahren deutlich geschärft. Die Zeit von 2019 bis heute markiert eine entscheidende Phase, in der die Herausforderungen und Lösungsansätze im Umgang mit Ghosting im Recruiting neu definiert werden.

Umfragen und Studien, darunter eine von der Jobbörse Indeed aus dem Jahr 2022, bahnen schon vor 2 Jahren einen alarmierenden Trend an: Innerhalb von drei Jahren ist die Ghosting-Rate, also Fälle, in denen Kandidaten den Kontakt zu Arbeitgebern abrupt abbrechen, auf 56 % gestiegen.

Dieser Anstieg findet auch in traditionellen Medien Erwähnung. So berichtet unter anderem der Spiegel in einem Artikel aus dem Jahr 2022 von Anette, einer 55-jährigen Personalchefin eines Krankenhauses, die feststellt, dass Ghosting besonders bei schwer zu besetzenden Schicht- und Wochenendarbeitsplätzen auftritt. Nicht selten unterschreiben Bewerber Arbeitsverträge, erscheinen jedoch nicht zum vereinbarten Arbeitsbeginn.

Auch in den USA bestätigen Untersuchungen die Zunahme dieses Phänomens. Eine Studie von Randstad aus dem Jahr 2019 ergab, dass bereits damals 66 Prozent der befragten Arbeitgeber Erfahrungen mit Job-Ghosting gemacht haben, wobei auffällig war, dass insbesondere Angehörige der Generation Z überproportional beteiligt waren. Die damaligen Trends sind heutzutage noch offensichtlicher und fordern eine Anpassung der Rekrutierungsstrategien und Erwartungshaltungen im Arbeitsmarkt.

 

Warum Ärzte Ghosten

Die Motivation hinter Ghosting seitens der Ärzte und Ärztinnen im Rekrutierungsprozess variiert und spiegelt eine Mischung aus persönlichen Beweggründen und dem Einfluss digitaler Kommunikationsmittel wider. Einerseits führen geringe finanzielle und soziale Verpflichtungen, kombiniert mit der Anonymität und Dominanz digitaler Interaktionen, zu einem verringerten Schuldgefühl, wenn eine Stelle nicht angetreten wird. Andererseits nutzen manche Bewerber die Phase des Jobangebots strategisch, um ihre Verhandlungsposition bei aktuellen Arbeitgebern zu verbessern, ohne die Absicht zu haben, den Arbeitsplatz tatsächlich zu wechseln.

Unserer Analyse nach sind die häufigsten Gründe, warum Kandidaten Ghosten:

 

Strategien zur Minimierung von Ghosting

Obwohl es unmöglich ist, Ghosting vollständig zu eliminieren, gibt es Maßnahmen, die Klinken und Praxen ergreifen können, um die Wahrscheinlichkeit von solchen Vorfällen zu verringern:

(1) Persönlicher Kommunikationsstil:

Ein zentraler Punkt in der Kommunikation mit Ärzten und Ärztinnen ist die Anpassung des Kommunikationsstils, insbesondere unter Berücksichtigung ihres oft stressbeladenen Arbeitsalltags. Ärzte sind häufig so eingebunden, dass sie sich nicht die Zeit nehmen können oder möchten, Anrufe von unbekannten Nummern entgegenzunehmen. Um diesen Umstand zu berücksichtigen, ist es empfehlenswert, schon im Vorfeld Kontaktinformationen auszutauschen. So können Bewerber ihre Nummer hinterlegen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ihre Anrufe angenommen werden. Gemäß Informationen von Indeed spielen Mobilgeräte eine wesentliche Rolle im Prozess der Jobsuche. Tatsächlich stammen in Deutschland 65 % der Suchanfragen auf Indeed von mobilen Endgeräten, was die Notwendigkeit unterstreicht, Kommunikationswege entsprechend anzupassen.

Abhängig vom bisherigen Kontakt können SMS-Nachrichten eine einfache Maßnahme sein, um zu verhindern, dass das medizinische Personal den Kontakt abbricht. Da 90 % der Menschen SMS innerhalb von drei Minuten öffnen und diese zudem fünfmal häufiger geöffnet und achtmal häufiger beantwortet werden als E-Mails, kann ein Wechsel zu SMS die Chancen erhöhen, dass Bewerber wichtige Informationen erhalten.

(2) Transparente Kommunikation:

Durch eine klare Kommunikation während des Recruiting-Prozesses besteht eine stärkere Verbindung zu Ärzten und Ärztinnen, wodurch diese weniger dazu neigen zu ghosten. Die folgenden Verbesserungen im Kommunikationsprozess von medizinischen Einrichtungen könnten helfen, die Ghosting-Vorfälle zu minimieren:

(3) Flexibilität

Die Bereitstellung flexibler Interviewtermine, einschließlich Angebote für Gespräche am Abend oder am Wochenende, kann dem Problem des Job-Ghostings entgegenwirken. Indem Kliniken und Praxen versuchen, sich an die Zeitpläne der Bewerber anzupassen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese für ein Interview zur Verfügung stehen, selbst wenn ihre derzeitige Arbeitssituation kein Treffen während der regulären Arbeitszeiten erlaubt.

(4) Feedbackkultur etablieren: Konstruktives Feedback nach Gesprächen oder Testphasen ist nicht nur für das medizinische Personal wertvoll, sondern stärkt auch das Employer Branding. Bewerber wissen es zu schätzen, wenn ihre Bemühungen anerkannt werden, und sind eher geneigt, den Kontakt aufrechtzuerhalten.

(5) Schnelligkeit zählt: Da qualifizierte Ärzte besonders gefragt sind, spielt der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle bei der Gewinnung dieser Fachkräfte. Lange Wartezeiten führen oft dazu, dass sich Bewerber anderen Optionen zuwenden.

(6) KI-gestützte Kommunikationstools:

Die Anwendung von auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Kommunikationswerkzeugen, die fähig sind, automatisiert personalisierte Nachrichten und Updates zu versenden, spielt nicht nur eine wesentliche Rolle dabei, das Engagement von Bewerbern zu erhöhen, sondern kann auch medizinische Einrichtungen dabei unterstützen, die Kosten während des Bewerbungsprozesses zu reduzieren. Diese Technologien ermöglichen eine effizientere Gestaltung des Rekrutierungsverfahrens, indem sie manuelle Aufgaben verringern und somit Zeit sowie Ressourcen einsparen.

Indem Ärzte und Ärztinnen sich durchgehend wertgeschätzt und informiert fühlen, verbessert sich nicht nur ihre Erfahrung, sondern es sinkt auch die Wahrscheinlichkeit für kostspielige Verzögerungen oder den Verlust von Talenten aufgrund mangelnder Kommunikation.

 

Fazit

Ghosting im Recruiting-Prozess ist das direkte Ergebnis der sich wandelnden Kommunikationsweisen und Arbeitsmarktbedingungen in der digitalen Ära. Medizinische Einrichtungen können durch eine Kombination aus persönlichem Engagement, transparenten Prozessen, Flexibilität, einer offenen Feedbackkultur und der Nutzung moderner Technologien effektiv auf dieses Phänomen reagieren, jedoch ist es aber nie komplett vermeidbar.

Unserer Erfahrung nach ist die Förderung einer Kultur des Respekts und der Wertschätzung der Grundstein, um die Wahrscheinlichkeit von Ghosting von medizinischem Personal zu verringern. Diese Kultur stärkt nicht nur das Employer Branding der Kliniken, Praxen und MVZ, sondern hilft auch mit der Positionierung als attraktiver Arbeitgeber.

@ Adobe Stock / jirsak

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